Di 23. April 2024
Das elegante grünblaue B, nachts magisch leuchtend, gehört zu den bekanntesten Icons in Stadt und Land. Längst haben wir gelernt, es richtig zu dechiffrieren und daraus den Standort für einen Bankomat abzuleiten, aus dem sich mithilfe einer Karte Bargeld ziehen lässt. Jederzeit, schnell und – als österreichische Besonderheit – kostenlos. Rund 9.000 dieser Geldausgabeautomaten gibt es aktuell in Österreich, womit das Land zu den am dichtest bestückten in Europa gehört.

Anzahl der Geldautomaten in der EU, 2021: Anzahl der Geldautomaten in der EU, 2021
Anzahl der Geldautomaten in der EU, 2021
Der Bankomat ist hierzulande zum Symbol für die starke Bargeld-Affinität der Bevölkerung geworden. Um seine Erhaltung wird in so manch kleineren Gemeinden gekämpft, Bürgerinitiativen formieren sich, Politiker_innen fordern eine „Bankomatgarantie“ für jeden Ort. Denn das Versorgungsnetz hat bereits erste Lücken. Von den rund 2.100 Gemeinden in Österreich haben schon mehr als 300 keinen Bankomaten mehr.

Doch seit wann gibt es eigentlich den Bankomat? Nun, er ist ein Kind der Stadt und des beginnenden Computerzeitalters. Erstere sorgte für die notwendige Kundenfrequenz, zweiteres für die vernetzte Technologie und userfreundliche Bedienung. Zwar wurde das weltweit erste Geldausgabegerät bereits im Juni 1967 in London in Betrieb genommen. Die Barclays Bank installierte einen „robot cashier“, mit dem man – nach Eingabe eines Schecks – Zehn-Pfund-Noten aus einer Lade ziehen konnte. Doch das war noch ein Vorläufermodell, ohne Computeranbindung. Erst im folgenden Jahrzehnt begannen sich die bis heute gebräuchlichen Modelle, die Bankkarte und PIN-Code verlangen, durchzusetzen. In Deutschland wurde 1977 in München der erste moderne Geldautomat aufgestellt, Österreich zog drei Jahre später in Wien nach.

Es war die Creditanstalt-Bankverein, das größte Geldinstitut des Landes, die im Frühjahr 1980 den Probebetrieb eines „Bankomat“ genannten Gerätes startete. Dieses spielte, so die firmeneigene Werbung, „alle Stückeln“. Gleich zwei verschiedene Banknotensorten konnte man hier mithilfe einer Bankomatkarte beheben: 100- und 1000-Schilling-Scheine. Die öffentliche Vorstellung der Innovation erfolgte im Rahmen der „ifabo“, der Internationalen Fach-Ausstellung für Büro-Organisation, die seit 1970 einmal jährlich stattfand und sich zur österreichweit wichtigsten Messe für moderne Informationstechnik entwickelte. Anfang der 1980er-Jahre kündigte sich bereits das digitale Zeitalter an. Der Computer-Branche standen erstmals über 8.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung, Telefonanrufbeantworter, Diktiergeräte, Tischkopierer, Drucker und Faxgeräte stellten viel beachtete Neuigkeiten für das Büro der Zukunft dar. Unübersehbar drang die moderne Technik in das Berufs- und Alltagsleben der Menschen vor.

Auch der Bankomat erlangte von Beginn an hohe Akzeptanz. Die interne Testphase der CA-BV verlief äußerst zufriedenstellend, sodass man für Herbst die Aufstellung von drei öffentlich zugänglichen Geräten ins Auge fasste. Am 8. September 1980 gingen neben dem Haupteingang der Zentrale, Schottengasse 6–8, sowie Am Graben und am Stock-im-Eisen-Platz Österreichs erste Bankomaten in Betrieb. Sieben Tage in der Woche, 24 Stunden täglich, standen sie nunmehr allen Kund_innen zur Verfügung. Beziehungsweise all jenen, die sich um immerhin 60 Schilling Jahresgebühr eine Bankomatkarte leisteten.

 
Bankomat im Probebetrieb, Werbebild des Creditanstalt-Bankvereins, 1980: Bankomat im Probebetrieb, Werbebild des Creditanstalt-Bankvereins, 1980
Bankomat im Probebetrieb, Werbebild des Creditanstalt-Bankvereins, 1980
Noch im selben Jahr wurden 32 weitere Geräte installiert, Ende des Folgejahres stieg ihre Zahl auf österreichweit 90 Stück. Den Gesamtbedarf schätzte man damals noch auf maximal 400 Geldautomaten, deren Aufstellungsorte von einer eigenen Standortkommission festgelegt werden sollten.

Die technische Umsetzung erfolgte anfangs durch die Firma IBM, den organisatorisch-logistischen Aufbau übernahm die von den österreichischen Banken gegründete Geldausgabeautomaten Service-Ges.m.b.H. (GABE) gemeinsam mit Eurocard Austria. Beide fusionierten später zu PayLife und ab 2012 zu Payment Services Austria (PSA), dem bis heute führenden Bankomat-Betreiber in Österreich. Dieses Unternehmen war es auch, das sich den Begriff Bankomat und das dazugehörige Logo markenrechtlich schützen ließ. Denn Bankomat ist eine spezifisch österreichische Bezeichnung, in Deutschland spricht man von „Geld(ausgabe)automat“, im englischsprachigen Raum von „Automated Teller Machine“ (ATM, teller=Schalterbeamter), „Cash Machine“ oder „Money Machine“.
Das Logo ist die wohl bekannteste Schöpfung des Grafikers Friedrich Eisenmenger (1941–2006), der als Begründer des Corporate Design in Österreich gilt. Dessen zunehmende Bedeutung hatte Eisenmenger frühzeitig erkannt und mit seinen Entwürfen das visuelle Erscheinungsbild von zahlreichen Firmen geprägt, deren Logos uns bis heute vertraut sind, darunter Austrian Airlines, Semperit, Humanic, Österreichische Nationalbank, Verkehrsbüro, Kapsch oder ÖAMTC. 

Zur Erfolgsgeschichte dieses so ansprechend verpackten Produktes, das immer rascher auch in kleinere Städte und ländliche Regionen vordrang, trug nicht zuletzt ein sich weiter verstärkender Trend zur Automatisierung und Selbstbedienung bei. Längst gehörten Supermärkte ebenso zum Alltag wie zahlreiche im Straßenraum aufgestellte Verkaufsautomaten, die gegen Münzeinwurf eine Vielzahl an Produkten, von Fahrscheinen bis hin zu Ess- und Trinkwaren, anboten. Man konnte also bereits auf eine langjährige Erfahrung im Umgang mit Automaten aufbauen. Und doch war der Bankomat etwas ganz Spezielles: Als erstes öffentlich zugängliches Computerterminal ermöglichte er vielen – noch vor dem PC – Einblicke in eine virtuelle, komplex vernetzte Welt. Eigentlich war es nicht mehr als eine Ahnung davon, denn letztlich fungierte der Bankomat als Blackbox, die auf Knopfdruck Geld herausgab und deren zentrale Bestandteile – Tresor und Computer – unsichtbar in der Wand verbaut waren. Er war, wie die „Arbeiter-Zeitung“ schon bei der Einführung des ersten Gerätes formulierte, ein allen zur Verfügung stehender „Geldspucker“. Und als solcher sollte er in der Folge auch unsere Einstellung zu Geld, genauer gesagt zu Bargeld, prägen.

Denn die rasche Vermehrung der Geräte, ermöglicht durch das – damals noch – enorm dichte Filialnetz der heimischen Banken, beförderte die ohnehin schon starke Affinität der Österreicher zum Bargeld. Dieses ist bis heute die weitaus beliebteste Zahlungsmethode, rund 70 Prozent aller Ausgaben werden hierzulande cash beglichen, international ein absoluter Spitzenwert. Die PSA und damit die heimischen Banken betreiben die überwiegende Mehrzahl der Bankomaten. Einige sind aber auch in privaten Händen, konkret in jenen der US-amerikanischen Firmen First Data und Euronet, und daher gebührenpflichtig. 

Auch ins Museum haben die Bankomaten mittlerweile Einzug gehalten. Für das Technische Museum Wien sind sie wichtige Sammelobjekte, die Essenzielles über ihre Zeit aussagen – sowohl von ihrer Technik her als auch von den dazugehörigen Software-Programmen, die ebenfalls gesammelt werden. 
Bankomat „Diebold Opteva 562“, :
Literaturhinweis
Bernardo Bátiz-Lazo: Cash and Dash. How ATMs and Computers changed Banking. New York 2018.
 
Peter Payer, der Autor dieses Beitrages, ist Stadtforscher und Historiker sowie Co-Kurator der Ausstellung „Cash. Der Wert des Bargeldes“.