Mi 07. August 2024
Die Geschichte der Elektroautos lässt sich gut als Welle beschreiben: Nach einer Phase großer Aufmerksamkeit um 1900 folgte ein starkes Desinteresse in der Mitte des 20. Jahrhunderts, bevor eine Wiederentdeckung zu Beginn des 21. Jahrhunderts stattfand. Viele sprechen daher von einer „Renaissance“ der Elektrofahrzeuge im 21. Jahrhundert.
Die Anfänge dieser Technologie sind im Technischen Museum Wien beeindruckend dokumentiert. Ein Highlight dieser Epoche ist der Lohner-Porsche, der 1900 bei der Weltausstellung eine Goldmedaille gewann. Mit seinem Radnabenmotor überzeugte er nicht nur technisch, sondern auch durch seine Eleganz und ruhige Fahrweise. Auch ein Mercédès Électrique mit dem gleichen Antriebssystem findet sich in der Sammlung. Daneben trugen andere Hersteller wie der berühmte Baker Electric, bekannt aus den „Oma Duck“-Comics, zur Verbreitung von Elektrofahrzeugen bei. Um 1900 galt das Elektroauto in den USA sogar als die Zukunft des Automobils. 

Elektrischer Phaeton, Modell Nr. 27, System Lohner-Porsche: Elektrischer Phaeton, Modell Nr. 27, System Lohner-Porsche
Elektrischer Phaeton, Modell Nr. 27, System Lohner-Porsche
Mercédès Électrique, System Lohner-Porsche: Mercédès Électrique, System Lohner-Porsche
Mercédès Électrique, System Lohner-Porsche
Vom Höhenflug zum Rückgang
Doch warum kam es zu einem Rückgang der elektrisch betriebenen Fahrzeuge? Als Verantwortliche werden in der Forschung genannt: die Erdölindustrie, die traditionelle Automobilindustrie sowie die Autofahrer (sie waren tatsächlich in erster Linie männlich), die die Freiheit, an ihrem Fahrzeug zu basteln, vermissten. Auch das Imageproblem, dass Elektroautos eher von Frauen bevorzugt wurden, spielte eine nicht zu unterschätzende Rolle. Und nicht zuletzt hatten Hersteller Schwierigkeiten, die Reichweitenprobleme im Vergleich zu Benzinern zu lösen.
Trotz des Siegeszugs der Benziner gab es auch in der Mitte des 20. Jahrhunderts weiterhin Elektrofahrzeuge, die vor allem als Flottenfahrzeuge, etwa bei der Post, erfolgreich waren. Der Zagato Zele von 1974, ein Neu-Erwerb des Technischen Museums Wien, ist ein Beispiel für einen privates E-Fahrzeug aus dieser vermeintlich „dunklen“ Epoche.
 
Der Zagato Zele im Technischen Museum Wien
Der Zagato Zele 1000, der im Rahmen des Präsentationsformats „Objekt im Spotlight“ für vier Monate auf Ebene 4 zu sehen ist, wurde 1974 erstmals in Österreich zugelassen. Mit einer Reichweite von ca. 80 km und einer Spitzengeschwindigkeit von 40 km/h war er ideal für den Stadtverkehr. Der Produzent des Wagens war Zagato, ein renommierter italienischer Karosseriebauer, der für den Look von Sportwägen wie Alfa Romeo, Maserati, Aston Martin und Jaguar verantwortlich zeichnete. Das Unternehmen stellte auch exklusive Fahrzeuge in Kleinserie her. 1972 präsentierte Zagato seine Baureihe sparsamer, kompakter Elektrofahrzeuge beim Genfer Autosalon. Die Karosserie war aus Glasfaserkunststoff, aufgezogen auf einem abgewandelten Fiat 500-Stahlrahmen. Die Zele-Reihe gab es in den Ausführungen 1000, 1500 und 2000, wobei die Zahlenangabe der Watt-Zahl der Elektromotoren entsprach. Die Entscheidung für eine Glasfaserkarosserie war ein bewusster Schritt, um das Gewicht zu reduzieren und die Reichweite zu maximieren – ein Problem, das auch schon die Elektroauto-Pioniere zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschäftigt hatte und bis heute virulent ist. Mit dem kompakten Äußeren des Zagato Zele griffen die Macher auf alte Traditionen des Elektrofahrzeugs zurück: Als Stadtfahrzeug war das E-Mobil schon zur Jahrhundertwende beliebt, neben dem sauberen, fast geräuschlosen und gleichzeitig dynamischen Fahren konnte Zagato nun auch noch behaupten, dass ihr Fahrzeug in jede Parklücke passt.
 
Der Zagato Zele in der Präsentation „Objekt im Spotlight“: Der Zagato Zele in der Präsentation „Objekt im Spotlight“
Der Zagato Zele in der Präsentation „Objekt im Spotlight“
Die Produktion des Zagato Zele fiel zeitlich mit der Ölkrise der 1970er-Jahre zusammen, einer Zeit, in der die Nachfrage nach alternativen Antriebskonzepten anstieg. Zwischen 1974 und 1976 wurden ca. 500 Zagato Zele produziert. Mit dem Ende der Ölkrise wurde die Produktion jedoch eingestellt: Kleine und sparsame Elektroautos verloren wieder an Attraktivität, traditionelle Hersteller von Kleinfahrzeugen wie Fiat und Renault boten erschwingliche und leistungsstarke Verbrenner an. Nach wie vor ein kritischer Punkt war auch die Batterietechnologie. In den 1970er-Jahren war sie noch in den Kinderschuhen. Die Reichweite der Elektroautos war begrenzt und die Ladezeiten lang.

Der Zagato Zele beim Erwerb, in der heimischen Garage: Der Zagato Zele beim Erwerb, in der heimischen Garage
Der Zagato Zele beim Erwerb, in der heimischen Garage
Der Zagato Zele bei der Anlieferung im Technischen Museum Wien: Der Zagato Zele bei der Anlieferung im Technischen Museum Wien
Der Zagato Zele bei der Anlieferung im Technischen Museum Wien
Der Zagato Zele 1000, der nun im Technischen Museum Wien zu sehen ist, wurde am 20. November 1974 erstmals in Österreich zugelassen. Sein dritter und letzter Besitzer in Österreich kümmerte sich liebevoll um das kleine Wägelchen. Selbst elektrotechnisch versiert, sorgte er für einen langjährigen Betrieb und scherte sich auch nicht um all jene Stimmen aus der Automobilgeschichte, die den Untergang des Elektrofahrzeugs in der Mitte des 20. Jahrhunderts aufgrund seines miserablen Images bei Männern diagnostizierten. Dieser Mann nutzte den Zagato Zele sogar als „besseren Einkaufswagen“, ohne Verlust an Ansehen.

Der „Zagato Zele“ wird im Rahmen des Sonderformats Objekt im Spotlight bis Ende Oktober 2024 auf Ebene 4 präsentiert.


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