Fr 06. Dezember 2024
Anlässlich des 200. Geburtstags des österreichischen Komponisten Anton Bruckner (1824–1896) rücken wir ein besonderes Objekt ins Rampenlicht: Es ist als größtes Objekt der Sammlung Musikinstrumente kaum zu übersehen. Zur Zeit der Monarchie hatte es große Aufgaben zu erfüllen und wichtige Ereignisse musikalisch zu begleiten. Es handelt sich um das letzte vollendete Werk von k. u. k. Hoforgelbauer Carl Friedrich Ferdinand Buckow (1801–1864): die sogenannte Buckow-Orgel aus der kaiserlichen Hofburgkapelle in Wien, die Anton Bruckner in seiner Funktion als k. u. k. Hoforganist persönlich zum Klingen brachte.
Buckows Orgel für die Hauskapelle der Habsburger
Um 1860 setzte sich Hofkapellmeister Ignaz Aßmayer für die Anschaffung einer neuen Orgel für die Hauskapelle der Habsburger ein. Die seit 1822 genutzte Erler-Orgel wies inzwischen deutliche Mängel und Abnutzungserscheinungen auf, sodass ein Ersatz dringend benötigt wurde. In einem langwierigen Auswahlverfahren konnte sich Buckow erfolgreich gegen mehrere Mitbewerber durchsetzen. Bereits 1858 hatte er die Orgel der Wiener Piaristenkirche Maria Treu zur großen Zufriedenheit der Auftraggeber fertiggestellt, was ihm nicht nur den Auftrag zur Restaurierung der Domorgel St. Stephan einbrachte, sondern 1861 auch den prestigeträchtigen Neubau des Instruments für die Hofburgkapelle sicherte.
Buckow entwarf die neue Orgel im Sinne der romantischen Klangvorstellungen des 19. Jahrhunderts, was sich besonders in ihrer Disposition widerspiegelt: Ihre 16 Register ahmen die Klangfarben von Streich- und Blasinstrumenten nach – eine damals beliebte Technik, um die klangliche Vielfalt eines Orchesters auf der Orgel abzubilden. Im Jahr 1862 wurde das beeindruckende Instrument schließlich auf der Westempore der Hofmusikkapelle installiert.
 
Die Buckow-Orgel, Baujahr 1862,im Technischen Museum Wien: Die Buckow-Orgel, Baujahr 1862,im Technischen Museum Wien
Die Buckow-Orgel, Baujahr 1862,im Technischen Museum Wien
Bruckners Karriere im Dienst des Kaisers
Ab Ende der 1850er-Jahre war Bruckner regelmäßig in Wien und setzte seine in Oberösterreich begonnene künstlerische Karriere in der Metropole fort. Er lernte und lehrte am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde und spielte auf der Buckow-Orgel in der Hofburgkapelle am 10. Februar 1867 die erste nachweisbare Aufführung eines seiner Werke in Wien – die Messe Nr. 1 in d-Moll – aufgeführt unter der Leitung seines Förderers Johann Herbeck. Im Jahr 1868 erhielt er die „Expectanz“, also die unbezahlte Anwartschaft auf die Hoforganistenposition, sowie die Professur für Generalbass, Kontrapunkt und Orgel am Konservatorium und übersiedelte ganz nach Wien.
Seine Aufgaben als „Organist des Kaisers“, wie er sich selbst gerne nannte, umfassten Orgeldienste bei den Hochämtern an Sonn- und Feiertagen sowie Orgelspiel bei Fest- und Trauergottesdiensten des k. u. k. Hofes. Bruckner teilte diese prestigeträchtige und ab seiner Fixanstellung 1878 auch gut bezahlte Stelle mit zwei weiteren Hoforganisten. Dadurch blieb ihm genügend Zeit für seinen Lehrauftrag am Konservatorium und vor allem sein künstlerisches Wirken als Komponist. Die Stelle des Kapellmeisters blieb ihm trotz mehrerer Gesuche verwehrt. 1892 beendete er den Dienst an der Hofmusikkapelle.
 
Stefan Donner spielt auf der Buckow-Orgel ...: Stefan Donner spielt auf der Buckow-Orgel ...
Stefan Donner spielt auf der Buckow-Orgel ...
... Werke von Anton Bruckner und Johannes Brahms: ... Werke von Anton Bruckner und Johannes Brahms
... Werke von Anton Bruckner und Johannes Brahms
Vom kaiserlichen Hof ins Technische Museum Wien
Die Buckow-Orgel blieb nach Anton Bruckners Fortgang weiterhin im Einsatz. Ihre konstruktiven und damit klanglichen Eigenheiten ernteten allerdings auch viel Kritik. Über einen Zeitraum von 100 Jahren wurde die Orgel mehrfach umgebaut und restauriert, bis sie 1962 schließlich aus der Hofburgkapelle entfernt wurde. Der Verein der Wiener Sängerknaben erhielt die Orgel für die geplante Aufstellung in einer Kapelle, doch dieses Vorhaben scheiterte.
Dank des hartnäckigen Engagements des Hoforganisten Alois Forer und der damaligen Direktion des Technischen Museums Wien konnte die Buckow-Orgel 1968 übernommen und 1969 von Orgelbaumeister Arnulf Klebel in der Schausammlung aufgestellt werden. Nach der Generalsanierung des Hauses wurde 1998 eine vollständige Rekonstruktion des Orgelprospekts nach Originalzeichnungen von Buckow und einem historischen Foto durchgeführt. Die bislang letzte Veränderung der Orgel erfolgte 2003, als sie im Zuge der Übersiedlung der Schausammlung Musikinstrumente auf Ebene 4 versetzt und mit einer elektronischen Motorsteuerung für das Gebläse ausgestattet wurde.
Die Buckow-Orgel wird heute regelmäßig durch einen auf historische Instrumente spezialisierten Orgelbaumeister gewartet und bei besonderen Konzerten vorgeführt. Mit dem Erhalt der Orgel wird nicht nur Buckows Baukunst gewürdigt, sondern lässt auch Bruckners Werke auf jenem Instrument erklingen, auf dem er selbst spielte.

WIR EMPFEHLEN:
Stefan Donner spielt Anton Bruckner „Vorspiel und Fuge in c-Moll“ (WAB 131) auf der Buckow-Orgel im Technischen Museum Wien
Stefan Donner spielt Johannes Brahms „Präludium in g-Moll“ auf der Buckow-Orgel im Technischen Museum Wien