Es gibt Erfindungen, die für uns so alltäglich geworden sind, dass wir ihre Bedeutung für unser Leben grob unterschätzen. Dazu gehört der Personenaufzug, ohne den die moderne Stadt mit ihrer vertikalen Erschließung undenkbar wäre. Ein besonderer Vertreter unter den Aufzugsanlagen ist der Paternoster, von dem nur noch wenige Exemplare in Betrieb sind.
Der Paternoster ist ein Personenaufzug mit offenen, jederzeit betretbaren Kabinen, der seit mehr als hundert Jahren in Büro- und Geschäftshäusern zum Einsatz kommt. Durch den ständigen Umlaufbetrieb entfällt im Idealfall das Anstehen und die Beförderung geht rasch vonstatten.
Ohne bestimmte Verhaltensregeln und Einweisung kann die Benutzung jedoch zu Unfällen führen, zum Beispiel wenn nicht rechtzeitig ausgestiegen wird oder sperrige Gegenstände transportiert werden. Außerdem verbrauchen Paternoster durch den permanenten Umlauf viel Energie. Aus diesen Gründen verschwanden sie ab den 1970er-Jahren allmählich wieder und werden heute nicht mehr genehmigt. Bestehende Anlagen dürfen jedoch weiter betrieben werden und so sind in Wien noch sieben Anlagen zu bewundern – unter anderem im Rathaus und im „Haus der Industrie“ mit dem ältesten Wiener Exemplar aus dem Jahr 1912. Nicht mehr in Betrieb ist die orangefarbene Anlage im Technischen Museum Wien, die im Bundesrechenzentrum eingebaut war und heute das Funktionsprinzip des sogenannten „Beamten-Baggers“ verdeutlicht.
 
Wie funktioniert ein Paternoster?
Ein Paternoster verfügt über mehrere Einzelkabinen (in der Regel für ein bis zwei Personen pro Kabine), die an zwei parallel verlaufenden Umlaufketten hängen und sich in ständiger Bewegung befinden. Da die Kabinen am oberen und unteren Wendepunkt durch eine spezielle Vorrichtung in den jeweils anderen Aufzugsschacht umgesetzt werden, ist die Personenbeförderung auch während des Wendevorgangs möglich. Dieser charakteristischen Bauart verdankt der Paternoster auch seinen Namen: Dieser geht auf den Rosenkranz zurück. Dabei handelt es sich um eine katholische Gebetsschnur mit 59 Perlen und einem Kreuz. Auf zehn kleine Perlen, die für jeweils ein Ave-Maria-Gebet stehen, folgt eine große Perle, die ein „Vater unser“ (Pater noster) anzeigt.
 
Peter Payer, Kurator für den Bereich „Stadt und Technik“ am Technischen Museum Wien, berichtet im untenstehenden Podcast am Beispiel des im Museum ausgestellten Exemplars über die Geschichte und Funktionsweise des Paternosters. Dieser Audio-Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit dem Produktionsbüro sisigrant für den Podcast "Im Museum" (https://www.immuseum.at)
Ensemble von Aufzügen in der Schausammlung des Technischen Museums Wien: Paternoster (links) und elektrischer Personenaufzug (rechts) aus dem Jahr 1987
Ensemble von Aufzügen in der Schausammlung des Technischen Museums Wien: Paternoster (links) und elektrischer Personenaufzug (rechts) aus dem Jahr 1987
Der im Museum ausgestellte Paternoster aus dem Jahr 1972 war im Bundesrechenzentrum, Wien-Landstraße, Hintere Zollamtsstraße 4, in Betrieb; Hersteller: Freissler-Otis
Der im Museum ausgestellte Paternoster aus dem Jahr 1972 war im Bundesrechenzentrum, Wien-Landstraße, Hintere Zollamtsstraße 4, in Betrieb; Hersteller: Freissler-Otis
Detailaufnahme: Einstieg in den Paternoster (Baujahr: 1972)
Detailaufnahme: Einstieg in den Paternoster (Baujahr: 1972)
Paternoster in Hamburg, 2013
Paternoster in Hamburg, 2013