Alte Tonträger sind fragil und Abspielgeräte oft nicht mehr vorhanden. Die Österreichische Mediathek des Technischen Museums Wien sorgt dafür, dass audiovisuelles Kulturerbe nicht verloren geht – aktuell wurde der Nachlass des Komponisten Arnold Schönberg digitalisiert. Aber wie funktioniert das eigentlich?
Wer wissen möchte, wie die Stimmen von Kaiser Franz Joseph, Bertha von Suttner oder Sigmund Freud geklungen haben, wird im Archiv der Österreichischen Mediathek fündig. Und nun eben auch Arnold Schönbergs Stimme. In einem sogenannten „Hörbrief“ aus 1935 – damals eine durchaus gängige Art der Kommunikation – überbringt der in die USA emigrierte Künstler Geburtstagsglückwünsche an die Schwiegermutter und fordert sie auf, ihre „sieben Zwetschken“ zu packen, das Nähzeug nicht zu vergessen und endlich zu Besuch zu kommen.
Neben den privaten Sprachaufnahmen befanden sich in Schönbergs Nachlass zahlreiche Schellackaufnahmen und Selbstschnittplatten aus seinem Besitz ebenso wie Aufnahmen und Testpressungen seiner eigenen Werke. In Kooperation mit dem Arnold Schönberg Center wurde die Schallplattensammlung des Künstlers nun digitalisiert und zum Anlass des 70. Todestages von Arnold Schönberg in einer Online-Ausstellung präsentiert, die auf eine virtuelle Reise zu 70 unterschiedlichen Orten mit 70 historischen Klängen führt.
Die Aufnahmen werden im Massenspeicher der Österreichischen Mediathek langzeitgesichert, die Schallplatten wurden an das Arnold Schönberg Center retourniert. Anhand der Sicherung dieser einzigartigen Sammlung können auch einige Aspekte der Bewahrung von Tonaufzeichnungen gezeigt werden, die auch für andere Bestände gültig sind – denn Tonaufnahmen sind äußerst fragile Zeitzeugnisse, deren Bestand gefährdet ist. Nicht nur das Trägermaterial der Aufnahme ist Verfallsprozessen ausgesetzt – auch die Abspielgeräte haben vielfach ein Ablaufdatum und stehen nicht mehr in ausreichender Anzahl zur Verfügung. Ohne die Möglichkeit der Wiedergabe sind diese Zeitzeugnisse aber weitgehend wertlos und bloße museale Artefakte, deren Inhalt sich nicht mehr erschließt. Darum bewahrt die Österreichische Mediathek aktuell 550.000 Tonträger und Videos unterschiedlicher Formate in speziell adaptierten Archivräumen und digitalisiert seit dem Jahr 2000 Medien aus den eigenen Beständen oder den Archiven von Kooperationspartnern wie dem Arnold Schönberg Center.
Viele Tonaufnahmen sind Massenprodukte, oftmals existieren in unterschiedlichen Kultureinrichtungen und in privaten Sammlungen zahlreiche Exemplare einer Aufnahme. Viele Tonaufnahmen sind aber auch Unikate, d. h. es wurde nur diese eine Aufnahme hergestellt und archiviert. Die meisten Sammlungen enthalten beides: Massenprodukte und Unikate.
Bei der privaten Tonträgersammlung von Arnold Schönberg ist auch die Person des Sammlers von Interesse, die auf die Tonaufnahmen ausstrahlt: Was wurde gesammelt? Was wurde gespielt? Was wurde aufgezeichnet? Was können wir anhand der Sammlung über die Privatperson Arnold Schönberg erfahren und was über seine beruflichen Aktivitäten als Komponist, Musiker und Lehrer? Um diese und andere Fragen auch in Zukunft beantworten zu können, ist der möglichst einfache Zugang zu den Tonaufnahmen und deren dauerhafte Erhaltung essenziell. In einer Kooperation zwischen dem Arnold Schönberg Center und der Österreichischen Mediathek wurde die Sammlung digitalisiert und so deren Erhalt und Verfügbarkeit dauerhaft gesichert.
Digitalisierung
Zuallererst wurden die Tonaufnahmen in der Österreichischen Mediathek digitalisiert. Ziel der Digitalisierung ist die Erstellung einer digitalen Kopie, die so weit wie technisch möglich dem Original gleicht. Das bedeutet, dass in den Prozess der Digitalisierung möglichst nicht eingegriffen wird und eine originalgetreue Kopie – ein neues „Original“ entsteht, das im digitalen Langzeitarchiv dauerhaft bewahrt wird. Falls tontechnische Verbesserungsmaßnahmen notwendig sind, werden diese immer ausschließlich an einer digitalen Kopie vorgenommen.
Signalverbesserung
Bei der Wiedergabe von Tondokumenten hört man nicht nur die Sprach- oder Musikaufnahme, sondern auch die mehr oder weniger gewollten und ungewollten Nebengeräusche. Diese Nebengeräusche wie das Kratzen der Nadel begleiten die Schallaufzeichnung von Beginn an. Sie entstehen sowohl bei der Aufnahme als auch bei der Wiedergabe und sind Teil unserer Hörgewohnheiten. Der Vorgang der Signalverbesserung dient dazu, Störgeräusche vorsichtig zu eliminieren, um den Inhalt der Aufnahme dadurch herauszuheben. Dieser Eingriff in die Aufnahme ist immer eine Gratwanderung und erfordert Erfahrung im Umgang mit dem Material, um nicht als unerwünschten Effekt beispielsweise digitale Artefakte zu erzeugen, die den Hörgenuss einschränken.
Welche Schritte sind nun notwendig, um eine tontechnisch verbesserte Aufnahme zu erstellen und welche tontechnischen Instrumente wurden dafür verwendet? Wie wurde das bei der Sammlung Arnold Schönberg gemacht?
Schritt 1: Die Auswahl des richtigen Kanals
Bei Schellackplatten handelt es sich um Tonträger in Mono. Bei der Digitalisierung an der Österreichischen Mediathek wurde die Platte mit einer Stereonadel abgetastet, was den Vorteil hat, dass man zwei idente Kanäle in unterschiedlicher Qualität zur Verfügung hat. Oft knackst ein Kanal stärker als der andere, manchmal ist die Musik am linken Kanal lauter als am rechten oder der Rauschabstand (signal-to-noise ratio) unterscheidet sich. Die Auswahl des besseren Kanals legt den Grundstein für jede weitere Bearbeitung.
Schritt 2: Alles weg, was nicht gehört (gebraucht) wird
Das menschliche Ohr nimmt einen Frequenzbereich von ca. 20 Hz bis 20.000 Hz wahr, wobei das Hörvermögen mit dem Alter abnimmt. In diesem Schritt wird der Frequenzbereich unter 40 Hz und jener über 20.000 Hz weggeschnitten. Im Bereich von 40 Hz sind fast nur Sub-Bässe angesiedelt. Macht man diese hörbar, hört man vorwiegend das mechanische Geräusch des sich drehenden Plattentellers. Entfernt man diesen Frequenzbereich, wird die Aufnahme schon einmal „ruhiger“.
Schritt 3: Der „Brumm“ muss weg – „De-hum“
Das störende Brummgeräusch auf alten Tonträgern (Schellacks, Magnetbänder etc.) liegt daran, dass elektronische Geräte mit Gleichspannung betrieben werden, die in der Regel über ein Netzteil aus Wechselspannung erzeugt wird. Je nach Art der Gleichrichtung entsteht Brummspannung mit der Netzfrequenz (220V - 50 Hz, 110V - 60 Hz) oder ihrem Doppelten. Mit der „De-hum“-Funktion werden solche Frequenzen erkannt bzw. können händisch ausgelesen und entfernt werden.
Schritt 4: Das Plattenknistern – „De-click“ oder „De-crackle“
Das typische „Knistern“ bei Platten wird durch Staubpartikel, Kratzer, Schmutz, eine zu geringe Auflagekraft des Tonabnehmers oder – bei Vinylplatten – durch statische Aufladung verursacht. Je nach Zustand der Platte kann das Knistern kräftiger oder schwächer ausfallen. Mit der sogenannten „De-click“-Funktion von Tonbearbeitungsprogrammen kann man dieses Knistern sehr gezielt entfernen. Ist das Knistern leise und zugleich hochfrequenter, sodass es schon fast wie Rauschen klingt, erzielt man mit der „De-crackle“-Funktion oft bessere Ergebnisse.
Schritt 5: Der Vorhang an Störgeräuschen beginnt sich zu heben – „Spectral De-noise“
Das am deutlichsten hörbare Störgeräusch der analogen Aufnahmetechnik ist das Rauschen. Mithilfe der Funktion „Spectral De-noise“ kann dieses Grundrauschen nach unten „gedrückt“ werden: Wie mit einer Pipette wird ein kurzes Stück „Stille“ (nur das Grundrauschen ohne Musik oder Sprache), meistens vom Beginn oder Ende, entnommen. Mithilfe eines Schwellenwertreglers wird die gewünschte Stärke der Rauschunterdrückung eingestellt. Dies ist vermutlich der schwierigste Schritt der Bearbeitung, da dieser Prozess auch in die Musik oder Sprache eingreift sowie unerwünschte Artefakte zum Vorschein bringen kann.
Schritt 6: Plötzlich klingt alles viel dumpfer – passiver Equalizer
Aufgrund der bisher erfolgten Bearbeitungsschritte – im Speziellen das Entfernen von Knistern und Rauschen – weist die Aufnahme nun Einbußen im Höhenbereich auf. Um diese wieder „aufzufrischen“, wird nochmal in den Gesamtsound eingegriffen, indem beispielsweise Höhen und Bässe angehoben oder die Mitten etwas abgesenkt werden. Die Einstellungen müssen für jede Aufnahme individuell justiert werden.
Schritt 7: Jetzt wird´s lauter – Oxford Limiter
Als vorletzten Schritt durchläuft die Aufnahme den „Limiter“, ein dynamikbearbeitendes Gerät, das den Ausgangspegel auf einen bestimmten Wert regelt. Die lauteste Amplitude darf den Wert von -0,2 dBFS nicht übersteigen und dabei maximal eine Reduktion (Limitierung) von 0,5 dB –1 dB erfahren, um den Klang nicht zu verfälschen bzw. zu verdichten.
Schritt 8: Speichern und Veröffentlichen
Zuletzt wird die bearbeitete Aufnahme noch einmal mit dem Original verglichen, um die Bearbeitungen zu überprüfen. Wenn keine Mängel festgestellt wurden und das Knacksen der Ein- und Auslaufrille herausgeschnitten wurde, kann das File als Bearbeitung gespeichert und online veröffentlicht werden.
Das digitale „Original“, also das Ergebnis der Digitalisierung, liegt im digitalen Langzeitarchiv. Weitere, andere und neue Bearbeitungen können so jederzeit hergestellt werden. Diese Abfolge verschiedener Bearbeitungsschritte bei der Digitalisierung und Restaurierung von Tonaufnahmen macht deutlich, dass Audiodigitalisierung ein mitunter sehr aufwendiger Prozess sein kann.
Arnold Schönberg war übrigens trotz seiner 400-Stück starken Plattensammlung selbst kein großer Fan der Schallplatte. Im Jahr 1930 beklagte er sich über den „unsäglich rohen Ton“ und die „breiige Zusammensetzung des Klangkörpers, die jede feine Unterscheidung ausschließt“.
Nach der aufwendigen und liebevollen Restaurierung und Signalverbesserung wäre sein Urteil vielleicht enthusiastischer ausgefallen. Aber auf alle Fälle ist seine kulturhistorisch so wertvolle Plattensammlung nun langfristig gesichert und steht dem interessierten Publikum der Gegenwart und Zukunft für spannende Hörreisen zur Verfügung.
Text: Gabriele Fröschl, Dominic Zimmel (Österreichische Mediathek)
Weiterführende Links:
Online-Ausstellung: „Schönberg. Eine transatlantische Hörreise“
Online Nachhören: Die Aufnahmen der Sammlung Schönberg
Mehr über: "Das digitale System der Österreichischen Mediathek"
Neben den privaten Sprachaufnahmen befanden sich in Schönbergs Nachlass zahlreiche Schellackaufnahmen und Selbstschnittplatten aus seinem Besitz ebenso wie Aufnahmen und Testpressungen seiner eigenen Werke. In Kooperation mit dem Arnold Schönberg Center wurde die Schallplattensammlung des Künstlers nun digitalisiert und zum Anlass des 70. Todestages von Arnold Schönberg in einer Online-Ausstellung präsentiert, die auf eine virtuelle Reise zu 70 unterschiedlichen Orten mit 70 historischen Klängen führt.
Die Aufnahmen werden im Massenspeicher der Österreichischen Mediathek langzeitgesichert, die Schallplatten wurden an das Arnold Schönberg Center retourniert. Anhand der Sicherung dieser einzigartigen Sammlung können auch einige Aspekte der Bewahrung von Tonaufzeichnungen gezeigt werden, die auch für andere Bestände gültig sind – denn Tonaufnahmen sind äußerst fragile Zeitzeugnisse, deren Bestand gefährdet ist. Nicht nur das Trägermaterial der Aufnahme ist Verfallsprozessen ausgesetzt – auch die Abspielgeräte haben vielfach ein Ablaufdatum und stehen nicht mehr in ausreichender Anzahl zur Verfügung. Ohne die Möglichkeit der Wiedergabe sind diese Zeitzeugnisse aber weitgehend wertlos und bloße museale Artefakte, deren Inhalt sich nicht mehr erschließt. Darum bewahrt die Österreichische Mediathek aktuell 550.000 Tonträger und Videos unterschiedlicher Formate in speziell adaptierten Archivräumen und digitalisiert seit dem Jahr 2000 Medien aus den eigenen Beständen oder den Archiven von Kooperationspartnern wie dem Arnold Schönberg Center.
Viele Tonaufnahmen sind Massenprodukte, oftmals existieren in unterschiedlichen Kultureinrichtungen und in privaten Sammlungen zahlreiche Exemplare einer Aufnahme. Viele Tonaufnahmen sind aber auch Unikate, d. h. es wurde nur diese eine Aufnahme hergestellt und archiviert. Die meisten Sammlungen enthalten beides: Massenprodukte und Unikate.
Bei der privaten Tonträgersammlung von Arnold Schönberg ist auch die Person des Sammlers von Interesse, die auf die Tonaufnahmen ausstrahlt: Was wurde gesammelt? Was wurde gespielt? Was wurde aufgezeichnet? Was können wir anhand der Sammlung über die Privatperson Arnold Schönberg erfahren und was über seine beruflichen Aktivitäten als Komponist, Musiker und Lehrer? Um diese und andere Fragen auch in Zukunft beantworten zu können, ist der möglichst einfache Zugang zu den Tonaufnahmen und deren dauerhafte Erhaltung essenziell. In einer Kooperation zwischen dem Arnold Schönberg Center und der Österreichischen Mediathek wurde die Sammlung digitalisiert und so deren Erhalt und Verfügbarkeit dauerhaft gesichert.
Digitalisierung
Zuallererst wurden die Tonaufnahmen in der Österreichischen Mediathek digitalisiert. Ziel der Digitalisierung ist die Erstellung einer digitalen Kopie, die so weit wie technisch möglich dem Original gleicht. Das bedeutet, dass in den Prozess der Digitalisierung möglichst nicht eingegriffen wird und eine originalgetreue Kopie – ein neues „Original“ entsteht, das im digitalen Langzeitarchiv dauerhaft bewahrt wird. Falls tontechnische Verbesserungsmaßnahmen notwendig sind, werden diese immer ausschließlich an einer digitalen Kopie vorgenommen.
Signalverbesserung
Bei der Wiedergabe von Tondokumenten hört man nicht nur die Sprach- oder Musikaufnahme, sondern auch die mehr oder weniger gewollten und ungewollten Nebengeräusche. Diese Nebengeräusche wie das Kratzen der Nadel begleiten die Schallaufzeichnung von Beginn an. Sie entstehen sowohl bei der Aufnahme als auch bei der Wiedergabe und sind Teil unserer Hörgewohnheiten. Der Vorgang der Signalverbesserung dient dazu, Störgeräusche vorsichtig zu eliminieren, um den Inhalt der Aufnahme dadurch herauszuheben. Dieser Eingriff in die Aufnahme ist immer eine Gratwanderung und erfordert Erfahrung im Umgang mit dem Material, um nicht als unerwünschten Effekt beispielsweise digitale Artefakte zu erzeugen, die den Hörgenuss einschränken.
Welche Schritte sind nun notwendig, um eine tontechnisch verbesserte Aufnahme zu erstellen und welche tontechnischen Instrumente wurden dafür verwendet? Wie wurde das bei der Sammlung Arnold Schönberg gemacht?
Schritt 1: Die Auswahl des richtigen Kanals
Bei Schellackplatten handelt es sich um Tonträger in Mono. Bei der Digitalisierung an der Österreichischen Mediathek wurde die Platte mit einer Stereonadel abgetastet, was den Vorteil hat, dass man zwei idente Kanäle in unterschiedlicher Qualität zur Verfügung hat. Oft knackst ein Kanal stärker als der andere, manchmal ist die Musik am linken Kanal lauter als am rechten oder der Rauschabstand (signal-to-noise ratio) unterscheidet sich. Die Auswahl des besseren Kanals legt den Grundstein für jede weitere Bearbeitung.
Schritt 2: Alles weg, was nicht gehört (gebraucht) wird
Das menschliche Ohr nimmt einen Frequenzbereich von ca. 20 Hz bis 20.000 Hz wahr, wobei das Hörvermögen mit dem Alter abnimmt. In diesem Schritt wird der Frequenzbereich unter 40 Hz und jener über 20.000 Hz weggeschnitten. Im Bereich von 40 Hz sind fast nur Sub-Bässe angesiedelt. Macht man diese hörbar, hört man vorwiegend das mechanische Geräusch des sich drehenden Plattentellers. Entfernt man diesen Frequenzbereich, wird die Aufnahme schon einmal „ruhiger“.
Schritt 3: Der „Brumm“ muss weg – „De-hum“
Das störende Brummgeräusch auf alten Tonträgern (Schellacks, Magnetbänder etc.) liegt daran, dass elektronische Geräte mit Gleichspannung betrieben werden, die in der Regel über ein Netzteil aus Wechselspannung erzeugt wird. Je nach Art der Gleichrichtung entsteht Brummspannung mit der Netzfrequenz (220V - 50 Hz, 110V - 60 Hz) oder ihrem Doppelten. Mit der „De-hum“-Funktion werden solche Frequenzen erkannt bzw. können händisch ausgelesen und entfernt werden.
Schritt 4: Das Plattenknistern – „De-click“ oder „De-crackle“
Das typische „Knistern“ bei Platten wird durch Staubpartikel, Kratzer, Schmutz, eine zu geringe Auflagekraft des Tonabnehmers oder – bei Vinylplatten – durch statische Aufladung verursacht. Je nach Zustand der Platte kann das Knistern kräftiger oder schwächer ausfallen. Mit der sogenannten „De-click“-Funktion von Tonbearbeitungsprogrammen kann man dieses Knistern sehr gezielt entfernen. Ist das Knistern leise und zugleich hochfrequenter, sodass es schon fast wie Rauschen klingt, erzielt man mit der „De-crackle“-Funktion oft bessere Ergebnisse.
Schritt 5: Der Vorhang an Störgeräuschen beginnt sich zu heben – „Spectral De-noise“
Das am deutlichsten hörbare Störgeräusch der analogen Aufnahmetechnik ist das Rauschen. Mithilfe der Funktion „Spectral De-noise“ kann dieses Grundrauschen nach unten „gedrückt“ werden: Wie mit einer Pipette wird ein kurzes Stück „Stille“ (nur das Grundrauschen ohne Musik oder Sprache), meistens vom Beginn oder Ende, entnommen. Mithilfe eines Schwellenwertreglers wird die gewünschte Stärke der Rauschunterdrückung eingestellt. Dies ist vermutlich der schwierigste Schritt der Bearbeitung, da dieser Prozess auch in die Musik oder Sprache eingreift sowie unerwünschte Artefakte zum Vorschein bringen kann.
Schritt 6: Plötzlich klingt alles viel dumpfer – passiver Equalizer
Aufgrund der bisher erfolgten Bearbeitungsschritte – im Speziellen das Entfernen von Knistern und Rauschen – weist die Aufnahme nun Einbußen im Höhenbereich auf. Um diese wieder „aufzufrischen“, wird nochmal in den Gesamtsound eingegriffen, indem beispielsweise Höhen und Bässe angehoben oder die Mitten etwas abgesenkt werden. Die Einstellungen müssen für jede Aufnahme individuell justiert werden.
Schritt 7: Jetzt wird´s lauter – Oxford Limiter
Als vorletzten Schritt durchläuft die Aufnahme den „Limiter“, ein dynamikbearbeitendes Gerät, das den Ausgangspegel auf einen bestimmten Wert regelt. Die lauteste Amplitude darf den Wert von -0,2 dBFS nicht übersteigen und dabei maximal eine Reduktion (Limitierung) von 0,5 dB –1 dB erfahren, um den Klang nicht zu verfälschen bzw. zu verdichten.
Schritt 8: Speichern und Veröffentlichen
Zuletzt wird die bearbeitete Aufnahme noch einmal mit dem Original verglichen, um die Bearbeitungen zu überprüfen. Wenn keine Mängel festgestellt wurden und das Knacksen der Ein- und Auslaufrille herausgeschnitten wurde, kann das File als Bearbeitung gespeichert und online veröffentlicht werden.
Das digitale „Original“, also das Ergebnis der Digitalisierung, liegt im digitalen Langzeitarchiv. Weitere, andere und neue Bearbeitungen können so jederzeit hergestellt werden. Diese Abfolge verschiedener Bearbeitungsschritte bei der Digitalisierung und Restaurierung von Tonaufnahmen macht deutlich, dass Audiodigitalisierung ein mitunter sehr aufwendiger Prozess sein kann.
Arnold Schönberg war übrigens trotz seiner 400-Stück starken Plattensammlung selbst kein großer Fan der Schallplatte. Im Jahr 1930 beklagte er sich über den „unsäglich rohen Ton“ und die „breiige Zusammensetzung des Klangkörpers, die jede feine Unterscheidung ausschließt“.
Nach der aufwendigen und liebevollen Restaurierung und Signalverbesserung wäre sein Urteil vielleicht enthusiastischer ausgefallen. Aber auf alle Fälle ist seine kulturhistorisch so wertvolle Plattensammlung nun langfristig gesichert und steht dem interessierten Publikum der Gegenwart und Zukunft für spannende Hörreisen zur Verfügung.
Text: Gabriele Fröschl, Dominic Zimmel (Österreichische Mediathek)
Weiterführende Links:
Online-Ausstellung: „Schönberg. Eine transatlantische Hörreise“
Online Nachhören: Die Aufnahmen der Sammlung Schönberg
Mehr über: "Das digitale System der Österreichischen Mediathek"
Von der Schallplattenrille zum Audiofile: Analog-Digital-Wandler (Screenshot)
© Österreichische Mediathek/NOA Audio Solutions
Signalverbesserung im Tonstudio der Österreichischen Mediathek
© Österreichische Mediathek/Stefan Kaltseis