Roboter sind Kinder ihrer Zeit. Ein Blick in die Geschichte enthüllt, wie sehr sie den Stand des jeweiligen technologischen Wissens widerspiegeln. Doch auch das Nichtwissen spielt eine entscheidende Rolle. Denn raffinierte Täuschungen, publikumswirksam präsentiert, gehörten von Beginn an dazu. So sind die künstlichen Wesen zwar technikgeboren, aber zu einem nicht unwesentlichen Teil auch Geschöpfe der Bühne.
Text: Christian Stadelmann
Technik, Tricks und Illusionen
Mi 09. März 2022
Die Geschichte der künstlichen Menschen reicht weit zurück und ist immer wieder neu erzählt worden. Tatsächlich hat sich die menschliche Vorstellungskraft stets intensiv mit der Schöpfung auseinandergesetzt. Und zu allen Zeiten ist versucht worden, die jeweils aktuell zur Verfügung stehende Technik (und die Magie) dazu zu nutzen, ein Ebenbild des Menschen zu schaffen. So sind etwa der Mythos um den aus Lehm geschaffenen Golem ebenso wie die biblische Schöpfungsgeschichte in der Zeit des frühen Judentums beziehungsweise der Erfindung und Verwendung der Töpferscheibe entstanden. Aus der Antike sind Berichte von Statuen und Figuren überliefert, die mit Wasser, heißer Luft, rieselndem Sand oder Quecksilber bewegt worden sind. Aber die wunderbarsten Automatenmenschen überhaupt hat das späte Barockzeitalter im 18. Jahrhundert hervorgebracht. Sie sind Ergebnisse des phantasiebegabten Einsatzes von Uhrwerken und Stiftwalzen. Vor allem französische beziehungsweise Westschweizer Meister auf dem Gebiet der Uhrmacherkunst haben schreibende, flöten- und klavierspielende Wunderwerke geschaffen, die bis heute weltbekannt geblieben sind. Auch Wien, das eigentlich keine besondere Tradition in der Automatenkunst kennt, kann auf zwei berühmt gewordene Exemplare aus dieser Zeit verweisen: die „Allesschreibende Wundermaschine“, die heute noch im Technischen Museum Wien zu sehen ist, und den sogenannten Schachtürken, eine Gestalt, deren Arme beweglich gewesen sind, und die im Spiel der Könige auch gegen die Monarchen der Zeit brilliert hat. Dieser Automat ist allerdings Fake gewesen, wie man heute sagen würde, was zwar aufgeklärte Zeitgenossen mit Wissen um die technischen Möglichkeiten ihrer Zeit gefolgert haben, aber nie entlarvt worden ist. Der Automat ist Jahrzehnte später im Zuge einer USA-Tournee verbrannt.
Schachtürke, Kupferstich von Joseph Racknitz, 1789
© Wikipedia
Danach, im 19. Jahrhundert, ist es vergleichsweise ruhig um die Idee der künstlichen Menschen geworden – zumindest, was die Versuche, solche real umzusetzen, betrifft. Tatsächlich aber hat der Gedanke daran die Zeitgenossen sehr beschäftigt. Entdeckungen auf dem Gebiet der Elektrizität haben die Phantasien beflügelt und der 1818 erstmals veröffentlichte Roman von Mary Shelley „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ gärte das ganze Jahrhundert hindurch in den Köpfen nicht nur der Techniker. Denn darin wird ein toter Organismus mittels elektrischen Stromes zum Leben erweckt. Aber das ist Science-Fiction.
Elektrifizierte Maschinen
Dann schließlich, an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, sind zahlreiche elektrische Anwendungen so weit entwickelt, dass sie alltagstauglich geworden sind. Immer häufiger können die Menschen erleben, wie die zunehmend beherrschbare neue Energie – gleichsam von Zauberhand – Straßen und Plätze hell erleuchtet, Motoren antreibt, Schalter umlegt oder Hitze und Kälte erzeugt.
Die Möglichkeiten erscheinen schier grenzenlos, und folgerichtig geht man daran, an der Entwicklung von künstlichen Menschen weiterzuarbeiten. Ein diesbezüglich höchst bemerkenswerter Versuch rührt noch aus der Mitte des 19. Jahrhunderts her. Der geniale Erfinder Innozenz Manzetti aus dem abgelegenen Aostatal hat da einen Maschinenmenschen, „Automa“ genannt, gebaut, der, wie ehedem üblich, noch über Stiftwalzen angetrieben worden ist. Über Druckluftschläuche versorgt, sind dann aber Lippen und Finger des Androiden animiert worden, sodass dieser tatsächlich Flöte gespielt und ein kleines Repertoire an Arien zum Besten gegeben hat. Nach einer solchen Vorführung hat sich „Automa“ vom Stuhl, auf dem er gesessen ist, erhoben, den Kopf geneigt und mit den Augen gerollt. Schließlich – es muss um 1870 herum gewesen sein – versucht Manzetti seine Figur auch noch zu elektrifizieren. Das wäre eigentlich der entscheidende Schritt, der die Gestalt neu beleben könnte, aber, gerade 51 Jahre alt geworden, stirbt der introvertierte Erfinder. Sein Flötenspieler gerät in Vergessenheit und wird erst 2010 in einer Scheune wiedergefunden. Bis Ende August 2022 dürfen wir das wunderbare Werk bei uns im Technischen Museum Wien ausstellen.
Elektrifizierte Maschinen
Dann schließlich, an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, sind zahlreiche elektrische Anwendungen so weit entwickelt, dass sie alltagstauglich geworden sind. Immer häufiger können die Menschen erleben, wie die zunehmend beherrschbare neue Energie – gleichsam von Zauberhand – Straßen und Plätze hell erleuchtet, Motoren antreibt, Schalter umlegt oder Hitze und Kälte erzeugt.
Die Möglichkeiten erscheinen schier grenzenlos, und folgerichtig geht man daran, an der Entwicklung von künstlichen Menschen weiterzuarbeiten. Ein diesbezüglich höchst bemerkenswerter Versuch rührt noch aus der Mitte des 19. Jahrhunderts her. Der geniale Erfinder Innozenz Manzetti aus dem abgelegenen Aostatal hat da einen Maschinenmenschen, „Automa“ genannt, gebaut, der, wie ehedem üblich, noch über Stiftwalzen angetrieben worden ist. Über Druckluftschläuche versorgt, sind dann aber Lippen und Finger des Androiden animiert worden, sodass dieser tatsächlich Flöte gespielt und ein kleines Repertoire an Arien zum Besten gegeben hat. Nach einer solchen Vorführung hat sich „Automa“ vom Stuhl, auf dem er gesessen ist, erhoben, den Kopf geneigt und mit den Augen gerollt. Schließlich – es muss um 1870 herum gewesen sein – versucht Manzetti seine Figur auch noch zu elektrifizieren. Das wäre eigentlich der entscheidende Schritt, der die Gestalt neu beleben könnte, aber, gerade 51 Jahre alt geworden, stirbt der introvertierte Erfinder. Sein Flötenspieler gerät in Vergessenheit und wird erst 2010 in einer Scheune wiedergefunden. Bis Ende August 2022 dürfen wir das wunderbare Werk bei uns im Technischen Museum Wien ausstellen.
Bemerkenswert an dieser Episode ist, dass mit der Idee Manzettis, einen Androiden zu elektrifizieren, eine Schwelle überschritten worden ist, die die folgende Entwicklung prägen und bis heute leitgebend für die Idee der Roboter bleiben wird.
Soweit allerdings sind wir noch nicht. Man kennt zu Beginn des 20. Jahrhunderts nämlich den Begriff „Roboter“ noch nicht einmal. „Automaten-Mensch“, „Androide“, „elektrischer Mann“ und dergleichen mehr sind gängige Bezeichnungen für die humanoiden Erscheinungen dieser Zeit. Und davon hat es eine erstaunlich große Zahl gegeben. Sie tragen höchst phantasievolle Namen: „Enigmarelle“, zum Beispiel, oder „Motogirl“. Und sie treten in Varietés und auf Jahrmärkten überall in Europa und den USA auf; sie werden bestaunt und ihre Präsentatoren – die Erfinder – bewundert. Gemeinsam ist ihnen allerdings, dass es sich dabei, wie seinerzeit beim Schachtürken, um Scharlatanerie handelt. Der geniale Schachspieler aus dem 18. Jahrhundert ist eine kleinwüchsige Person gewesen, die sich im Schrank unter dem Schachbrett verborgen hat und mittels eines Spiegeltricks auch dann nicht zu sehen gewesen ist, wenn man die Türen des Kastens geöffnet hat. „Enigmarelle“, das elektrifizierte Schaustück, das 1905 auf den Bühnen in Deutschland und Österreich für Aufsehen sorgt, kann spazieren gehen und Rad fahren. Dass sich in der riesenhaften Figur kein Mensch befindet, „beweist“ sein Präsentator dadurch, dass er ihm während der Vorführung den Kopf beleuchtet und Arme und Beine abschraubt. Auch in diesem Fall ist bis heute nicht ganz aufgelöst, ob der Schwindel tatsächlich enttarnt oder nur eine plausible Erklärung dafür gefunden worden ist. Angeblich hat es sich bei „Enigmarelle“ um eine elektrifizierte Hülle gehandelt, in der ein beidbeinig amputierter Mensch gesteckt hat.
Die künstlichen Wesen dieser Zeit sind technikgeboren, immer aber auch Geschöpfe der Bühne. Als solche pflegen sie auch eine Verwandtschaft zum Puppentheater und ihre Auftritte sind von Taschenspielertricks begleitet. Die Illusion ist maßgeblicher Teil des Spiels, das mit dem Publikum getrieben wird. Und so kommt es nicht von ungefähr, dass auch der Begriff Roboter auf der Bühne geschaffen wird. 1920 ist jenes Jahr, in dem das Drama „R.U.R – Rossumovi Univerzální Roboti“ des tschechischen Autors Karel Čapek erstmals aufgeführt wird. Mit „Roboti“ – Arbeiter – sind da eigentlich keine technisch, sondern bionisch hergestellte Wesen gemeint, gezüchtet, damit sie den Menschen deren Arbeit abnehmen. Unglücklicherweise geraten sie aber außer Kontrolle und wenden sich gegen ihre Schöpfer – ein Motiv, das geradezu klassisch für die spätere Science-Fiction-Literatur werden wird. Das Theaterstück ist jedenfalls sehr erfolgreich – auch international – und so sickert der Begriff „Robot“ allmählich in den Sprachgebrauch, um fortan immer dann verwendet zu werden, wenn von künstlichen Menschen die Rede ist.
Soweit allerdings sind wir noch nicht. Man kennt zu Beginn des 20. Jahrhunderts nämlich den Begriff „Roboter“ noch nicht einmal. „Automaten-Mensch“, „Androide“, „elektrischer Mann“ und dergleichen mehr sind gängige Bezeichnungen für die humanoiden Erscheinungen dieser Zeit. Und davon hat es eine erstaunlich große Zahl gegeben. Sie tragen höchst phantasievolle Namen: „Enigmarelle“, zum Beispiel, oder „Motogirl“. Und sie treten in Varietés und auf Jahrmärkten überall in Europa und den USA auf; sie werden bestaunt und ihre Präsentatoren – die Erfinder – bewundert. Gemeinsam ist ihnen allerdings, dass es sich dabei, wie seinerzeit beim Schachtürken, um Scharlatanerie handelt. Der geniale Schachspieler aus dem 18. Jahrhundert ist eine kleinwüchsige Person gewesen, die sich im Schrank unter dem Schachbrett verborgen hat und mittels eines Spiegeltricks auch dann nicht zu sehen gewesen ist, wenn man die Türen des Kastens geöffnet hat. „Enigmarelle“, das elektrifizierte Schaustück, das 1905 auf den Bühnen in Deutschland und Österreich für Aufsehen sorgt, kann spazieren gehen und Rad fahren. Dass sich in der riesenhaften Figur kein Mensch befindet, „beweist“ sein Präsentator dadurch, dass er ihm während der Vorführung den Kopf beleuchtet und Arme und Beine abschraubt. Auch in diesem Fall ist bis heute nicht ganz aufgelöst, ob der Schwindel tatsächlich enttarnt oder nur eine plausible Erklärung dafür gefunden worden ist. Angeblich hat es sich bei „Enigmarelle“ um eine elektrifizierte Hülle gehandelt, in der ein beidbeinig amputierter Mensch gesteckt hat.
Die künstlichen Wesen dieser Zeit sind technikgeboren, immer aber auch Geschöpfe der Bühne. Als solche pflegen sie auch eine Verwandtschaft zum Puppentheater und ihre Auftritte sind von Taschenspielertricks begleitet. Die Illusion ist maßgeblicher Teil des Spiels, das mit dem Publikum getrieben wird. Und so kommt es nicht von ungefähr, dass auch der Begriff Roboter auf der Bühne geschaffen wird. 1920 ist jenes Jahr, in dem das Drama „R.U.R – Rossumovi Univerzální Roboti“ des tschechischen Autors Karel Čapek erstmals aufgeführt wird. Mit „Roboti“ – Arbeiter – sind da eigentlich keine technisch, sondern bionisch hergestellte Wesen gemeint, gezüchtet, damit sie den Menschen deren Arbeit abnehmen. Unglücklicherweise geraten sie aber außer Kontrolle und wenden sich gegen ihre Schöpfer – ein Motiv, das geradezu klassisch für die spätere Science-Fiction-Literatur werden wird. Das Theaterstück ist jedenfalls sehr erfolgreich – auch international – und so sickert der Begriff „Robot“ allmählich in den Sprachgebrauch, um fortan immer dann verwendet zu werden, wenn von künstlichen Menschen die Rede ist.
„Enigmarelle“ im Zirkus Busch, um 1906
© Wikipedia
R.U.R.: Die Roboter stürmen in Akt III. Die Fabrik, Inszenierung um 1935
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Von nun an: „Roboter”
Diejenigen Roboter, die in den folgenden Jahrzehnten tatsächlich gebaut worden sind, sind aber technisch konstruierte Gestalten. Den Fortschritten, die in jenen Jahren auf den Gebieten der Elektro-, Radio- und Kommunikationstechnologie gemacht werden, folgen stets auf dem Fuß auch Versuche, mittels der jeweils neuesten Technik den Menschen nachzubauen. So wird 1927 in Washington eine Art Gliederpuppe vorgestellt, die mittels Telefon Befehle entgegennimmt und dann Haushaltsgeräte ein- und ausschaltet. „Televox“, so der Name, hat zwar Menschengestalt, ist aber körperlos flach. In der internationalen Presse werden seine Auftritte als anstehende Revolution der Haushaltsführung gefeiert, tatsächlich aber handelt es sich um eine sehr kurzlebige Erscheinung, die keine Spuren hinterlassen wird.
Wirkmächtiger ist ein britischer „Robot“, der später einen persönlichen Namen bekommen wird: „Eric“. Das ist insofern bemerkenswert, als es eine Vermenschlichung andeutet. Er trägt auch ein Brustschild mit der Buchstabenfolge „R.U.R“ und nimmt damit ausdrücklich Bezug auf Čapeks Theaterstück. Abgesehen davon ist er im Gegensatz zu „Televox“ ein reines Schaustück. Er sitzt auf einem Stuhl, von dem er aber aufstehen kann, hebt die Hände und „verliest“ eine Ansprache. „Eric“ ist der erste Roboter, der zu einer Art imaginiertes Wesen geworden ist, und zwar insofern, als Menschen eine bleibende Beziehung zu ihm aufgebaut haben, und der dadurch und über die kurze Zeit seiner Auftritte hinaus eine bleibende Wirkung entfaltet. 2015 lässt ihn das Science Museum London nachbauen und 2020 das Technické muzeum in Brünn; dies wegen des „R.U.R.“ auf seiner Brust, denn in Brünn feiert man die 100jährige Wiederkehr des Begriffs „Roboter“, die auf einen tschechischen Autor zurückgeht.
Diejenigen Roboter, die in den folgenden Jahrzehnten tatsächlich gebaut worden sind, sind aber technisch konstruierte Gestalten. Den Fortschritten, die in jenen Jahren auf den Gebieten der Elektro-, Radio- und Kommunikationstechnologie gemacht werden, folgen stets auf dem Fuß auch Versuche, mittels der jeweils neuesten Technik den Menschen nachzubauen. So wird 1927 in Washington eine Art Gliederpuppe vorgestellt, die mittels Telefon Befehle entgegennimmt und dann Haushaltsgeräte ein- und ausschaltet. „Televox“, so der Name, hat zwar Menschengestalt, ist aber körperlos flach. In der internationalen Presse werden seine Auftritte als anstehende Revolution der Haushaltsführung gefeiert, tatsächlich aber handelt es sich um eine sehr kurzlebige Erscheinung, die keine Spuren hinterlassen wird.
Wirkmächtiger ist ein britischer „Robot“, der später einen persönlichen Namen bekommen wird: „Eric“. Das ist insofern bemerkenswert, als es eine Vermenschlichung andeutet. Er trägt auch ein Brustschild mit der Buchstabenfolge „R.U.R“ und nimmt damit ausdrücklich Bezug auf Čapeks Theaterstück. Abgesehen davon ist er im Gegensatz zu „Televox“ ein reines Schaustück. Er sitzt auf einem Stuhl, von dem er aber aufstehen kann, hebt die Hände und „verliest“ eine Ansprache. „Eric“ ist der erste Roboter, der zu einer Art imaginiertes Wesen geworden ist, und zwar insofern, als Menschen eine bleibende Beziehung zu ihm aufgebaut haben, und der dadurch und über die kurze Zeit seiner Auftritte hinaus eine bleibende Wirkung entfaltet. 2015 lässt ihn das Science Museum London nachbauen und 2020 das Technické muzeum in Brünn; dies wegen des „R.U.R.“ auf seiner Brust, denn in Brünn feiert man die 100jährige Wiederkehr des Begriffs „Roboter“, die auf einen tschechischen Autor zurückgeht.
Roboter „Eric“, begrüßt eine Dame, New York, 1930
© Getty Images
„Televox“, USA, 1928
© Imago
Auch „Elektro“, der etwa zehn Jahre nach „Eric“ gebaut worden ist, hat eine längerfristige Wirkung entfaltet. Er verkörpert im wahrsten Sinne des Wortes das, was dann das restliche Jahrhundert lang unsere Vorstellung vom humanoiden Roboter wird: ein blecherner Riese mit breiter Brust, der mit scheppernder Stimme spricht und mit den Gliedmaßen ruckartige Bewegungen ausführt. „Elektro“ kann auf gesprochene Befehle hin ansatzweise gehen, einen Luftballon aufblasen und Zigarette rauchen. Auch ein kleines Repertoire an Sätzen hält er bereit. Er wird 1939 vom Elektrokonzern Westinghouse auf der Weltausstellung in New York präsentiert. Von da ausgehend macht er eine Karriere, die schon deutlich über die Varieté-Bühne hinausweist. „Elektro“ bekommt auch Filmauftritte und wird – gemeinsam mit seinem Sidekick, dem ebenfalls robotischen Hund „Sparko“ – zu einem Publikumsliebling. Solcherart können soziale Situationen vorgetäuscht werden und tatsächlich lässt sich bei „Elektro“ mehr noch als bei „Eric“ das Phänomen beobachten, dass Menschen zu Robotern eine Art emotionaler Beziehung entwickeln. Die Science-Fiction-Literatur, die sich in ebendieser Zeit als Genre zu etablieren beginnt, wird dieses Verhältnis von Mensch und menschengemachtem Wesen in den folgenden Jahrzehnten tausendfach variieren und auf diese Weise unsere Wahrnehmung der humanoiden Roboter beeinflussen.
In Europa startet der Roboter-Hype erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mitte der 1950er-Jahre wird der Schweizer Roboter „Sabor“ bekannt. Ähnlich wie ehedem „Televox“ kann ihn sein Erbauer Peter Steuer per Wählscheibe oder über Funk dirigieren. Sein „human touch“ erschöpft sich zwar darin, dass er Zigarette raucht, die Augenlider bewegt und Frauen „umarmt“, was aber gerade seinen Erfolg ausmacht. Unterhaltung ist der Kern des Konzepts und Steuer tourt mit ihm jahrzehntelang durch Fernsehshows und um die halbe Welt.
Von der Bühne ins Museum
Die Idee des künstlichen Menschen ist bei „Sabor“ jedenfalls mit weniger Ernst vorgetragen als bei den drei „Maschinenmenschen“, die zwischen 1958 und 1964 vom Wiener Erfinder Claus-Christian Scholz gebaut werden. Sie sind bereits von der zur Mitte der 1950er-Jahre einsetzenden Begeisterung für die Kybernetik – heute nennt man das „künstliche Intelligenz“ – geprägt. Zwar sind auch sie weit mehr das Versprechen von technischem Fortschritt als solcher selbst, aber davon lässt sich die Öffentlichkeit nicht irritieren. Für die Illustrierten der 1960er-Jahre werden diese Gestalten mit Staubsauger in der Hand fotografiert oder als Butler in Szene gesetzt, der der Dame des Hauses den Tee einschenkt und die Haare kämmt. Die Auftritte der sogenannten „Maschinenmenschen“, mehr noch aber die Interviews, die ihr Hersteller gibt, muten im Rückblick höchst skurril an. Er erläutert mit großer Selbstverständlichkeit die Vorzüge seiner Geschöpfe als bedürfnislose Dienerschaft und deutet an, dass das Ende der Hausarbeit gekommen sei. Auch redet Scholz davon, dass seine Roboter Charakter hätten, dass sie sich verlieben könnten und dass man durch sie „der Seele der Technik auf die Spur“ komme könne. Wiewohl den Journalisten die plumpen Inszenierungen, die da für ihre Fotografen vorgenommen werden, bewusst sein müssen, übernehmen sie kritiklos die Erklärungen in ihren Reportagen. Noch heute beeindrucken uns die Roboter unbeschadet von der zeitlichen Distanz, die die Erkenntnis mit sich gebracht hat, dass sie eher aufwendig manipulierte Schaustellerpuppen als dienstfertigte Haushaltshilfen gewesen sind. Das ist auch der Grund dafür, dass sie im Technischen Museum Wien Aufnahme gefunden haben.
Von der Bühne ins Museum
Die Idee des künstlichen Menschen ist bei „Sabor“ jedenfalls mit weniger Ernst vorgetragen als bei den drei „Maschinenmenschen“, die zwischen 1958 und 1964 vom Wiener Erfinder Claus-Christian Scholz gebaut werden. Sie sind bereits von der zur Mitte der 1950er-Jahre einsetzenden Begeisterung für die Kybernetik – heute nennt man das „künstliche Intelligenz“ – geprägt. Zwar sind auch sie weit mehr das Versprechen von technischem Fortschritt als solcher selbst, aber davon lässt sich die Öffentlichkeit nicht irritieren. Für die Illustrierten der 1960er-Jahre werden diese Gestalten mit Staubsauger in der Hand fotografiert oder als Butler in Szene gesetzt, der der Dame des Hauses den Tee einschenkt und die Haare kämmt. Die Auftritte der sogenannten „Maschinenmenschen“, mehr noch aber die Interviews, die ihr Hersteller gibt, muten im Rückblick höchst skurril an. Er erläutert mit großer Selbstverständlichkeit die Vorzüge seiner Geschöpfe als bedürfnislose Dienerschaft und deutet an, dass das Ende der Hausarbeit gekommen sei. Auch redet Scholz davon, dass seine Roboter Charakter hätten, dass sie sich verlieben könnten und dass man durch sie „der Seele der Technik auf die Spur“ komme könne. Wiewohl den Journalisten die plumpen Inszenierungen, die da für ihre Fotografen vorgenommen werden, bewusst sein müssen, übernehmen sie kritiklos die Erklärungen in ihren Reportagen. Noch heute beeindrucken uns die Roboter unbeschadet von der zeitlichen Distanz, die die Erkenntnis mit sich gebracht hat, dass sie eher aufwendig manipulierte Schaustellerpuppen als dienstfertigte Haushaltshilfen gewesen sind. Das ist auch der Grund dafür, dass sie im Technischen Museum Wien Aufnahme gefunden haben.
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts ist dann aber wieder eine gewisse Ernüchterung eingekehrt. Indem die breitschultrigen und übermannsgroßen Gestalten in die Museen gekommen sind, sind sie von den Bühnen verschwunden. Erst zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist wieder eine neue Generation von humanoiden Robotern hervorgetreten. Kleiner sind sie und nicht mehr so ungelenk wie ihre Vorgänger; auch eher weiß- und silberglänzend als rohblechern grau. Gegenüber den Herkules-Gestalten des 20. Jahrhunderts sind sie heute auch zunehmend geschlechtslos. Das ist den Veränderungen in den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen geschuldet. Die Einsatzfelder, die ihnen zugewiesen werden, sind die Betreuung alter Menschen und Dienstleistungen aller Art. Der aktuelle Stand der Technik, nach dem sie auch wieder gebaut worden sind, ist zwar noch immer weit davon entfernt, einen künstlichen Menschen möglich zu machen, nichtsdestotrotz aber suggerieren heutige Roboter genau das. Auch in dieser Hinsicht unterscheiden sich nicht von ihren Vorfahren all die Jahrhunderte zuvor.
Literaturhinweise:
Dustin A. Abnet: The American Robot. A Cultural History. Chicago 2020.
Catarina Caetano da Rosa: Androiden als Spie(ge)l der Aufklärung. Hamburg 2020.
Helmut Swoboda: Der künstliche Mensch. München 1967.
Christian Stadelmann (Technisches Museum Wien): Studium der Volkskunde, Kurator der Ausstellung „Künstliche Intelligenz?“.
Literaturhinweise:
Dustin A. Abnet: The American Robot. A Cultural History. Chicago 2020.
Catarina Caetano da Rosa: Androiden als Spie(ge)l der Aufklärung. Hamburg 2020.
Helmut Swoboda: Der künstliche Mensch. München 1967.
Christian Stadelmann (Technisches Museum Wien): Studium der Volkskunde, Kurator der Ausstellung „Künstliche Intelligenz?“.